Belgien

Zurzeit werden etwa 1.300 Kinder in 18 Waldorfkindergärten betreut.

Laut Gesetz müssen alle Kinder ab dem Alter von zweieinhalb Jahren im Kindergarten aufgenommen werden, und in vielen Waldorfschulen sind für diese sehr kleinen Kinder Vor-Kinderkindergartengruppen eingerichtet worden mit weniger Kindern in der Gruppe und, wo es möglich ist, mit einem zusätzlichen Helfer. Zusätzlich unterstützt „Salutogenese“, eine auf der Anthroposophie beruhende Organisation für die Kinder von der Geburt bis zum Alter von 3 Jahren, die weitere Entwicklung von Heimen und Tagespflegeinitiativen auf der Grundlage der Waldorfpädagogik in Belgien. Die Waldorfkindergärten in Flandern sind alle einer der 15 Steiner Grundschulen angeschlossen und derzeit gibt es 6 Steiner Oberstufenschulen. Sie sind alle durch das flämische Erziehungsministerium anerkannt und erhalten staatliche Zuschüsse. Es gibt viele Kindergärtengruppen mit 25 Kindern und mehr. Zusätzlich haben die meisten Gruppen nur eine Kindergärtnerin mit meistens keiner oder sehr wenig Hilfe, eine große Herausforderung sowohl für die Kinder als auch für die Kindergärtnerin!

 

Ein Blick zurück: Das Erziehungssystem im vielsprachigen Belgien wurde innerhalb jeder der drei Sprachgemeinschaften unabhängig voneinander organisiert, jedes mit seinen eigenen Gesetzen – das hatte starken Einfluss auf die Entwicklung der Waldorfschulen in Belgien.

Die Initiative für die Einführung der Waldorfpädagogik in Flandern/Belgien entstand durch den Impuls des Antwerpener Notars Emile Gevers in den Jahren 1948-1954. In dieser Zeit war der Streit zwischen Katholiken und Liberalen in Bezug auf Erziehung in Belgien auf seinem Höhepunkt. Als nicht politisch und religiös gebundene Schule bekam die erste Steinerschule grünes Licht, und der erste Waldorfkindergarten begann im September 1954 in Antwerpen mit Caroline Smits-van Giel als Erzieherin. Zur Eröffnung der Schule kamen verschiedene bekannte Anthroposophen aus den Nachbarländern, wie z.B. Herbert Hahn und Ernst Lehrs aus Deutschland. Aber vor allem die Holländer waren gut vertreten und hatten einen großen Einfluss auf den Beginn und die weitere Entwicklung der Waldorferziehung in Flandern mit Willem Zeylmans of Emmichoven, Bernard Lievegoed, Max Stibbe, Daan van Bemmelen und Wim Veltman als einige der prominentesten Persönlichkeiten. 1971 öffnete die Parcival-Schule ihre Pforten als die erste Waldorfschule für Kinder mit speziellen Bedürfnissen und Lernschwierigkeiten. Es dauerte weitere 22 Jahre, bis 1976 die zweite Waldorfschule in Lier gegründet wurde, gefolgt von einem stärkeren Wachstum zuerst in den größeren Städten Gent (1978), Brügge (1979) Löwen (1982) und später in kleineren Städten und Gemeinden. In der Zeit von 1995-1997 erhielten die Rudolf-Steiner-Schulen das Recht, indem sie ihre verfassungsmäßigen Rechte vor Gericht einklagten, ihre eigenen Lehrpläne und speziellen Entwickelungsziele und Ziele zu benutzen.

Zusammenarbeit. Die Steiner Schulen arbeiten in zwei Arbeitsgemeinschaften zusammen (Grundschule und Oberstufe) und einer übergeordneten Vereinigung der Waldorfschulen in Flandern. In diesen Schulgemeinschaften wird über die verschiedenen Erziehungsaufgaben und Herausforderungen entschieden und sie werden an die pädagogischen Mitarbeiter und Arbeitsgruppen zur Bearbeitung weitergegeben. Die Fortbildung ihrer Lehrer ist eine ihrer Aufgaben. Die „Arbeitsgruppe für Waldorfpädagogik von der Geburt bis zu sieben Jahren“ bereitet unter anderem die jährlichen Tagungen vor und begleitet die Entwicklungen in den Kindergärten. Die Vereinigung kümmert sich um die übergreifenden Aufgaben, die über die Ebene der Schulgemeinschaft hinausgehen, wie etwa internationale Zusammenarbeit, rechtliche Aufgaben, Verbindung mit örtlichen pädagogischen Partnern, Qualitätsbestimmungen usw.

Im Gegensatz zur Situation in Flandern ist es im französischen Teil Belgiens viel schwieriger, Waldorfschulen zu gründen. Zurzeit gibt es dort 4 Waldorfkindergärten, von denen 2 zu einer Waldorfgrundschule gehören. In dem kleinen deutschen Teil Belgiens gab es früher einen Waldorfkindergarten, aber der zog vor vielen Jahren nach Deutschland um.

Ausbildung. Es gibt keine grundständige Vollzeitausbildung auf der Grundlage der Waldorfpädagogik für Lehrer in Belgien. Um in Belgien als Erzieher vom Kindergarten bis hin zur Oberstufe zu arbeiten, braucht man eine durch das Erziehungsministerium anerkannte Erzieherausbildung. Früher gingen die meisten Lehrer für eine Waldorfausbildung mehrere Jahre lang nach Deutschland oder Holland. In den letzten Jahren wurden durch die Vereinigung und verschiedene Schulgemeinschaften Ausbildungsmodule für Waldorfpädagogik organisiert, um den Lehrern die Möglichkeit einer beruflichen Entwicklung zu bieten.

Clara Aerts ist Waldorfkindergärtnerin und pädagogische Mitarbeiterin des Bundes der Steinerschulen in Flandern, Gastdozentin in verschiedenen Ausbildungsstätten weltweit und Mitglied der Koordinationsgruppe der IASWECE

Internetseite des Bundes der Steinerschulen in Belgien